Florence Welch meldet sich zurück und mit ihr zweifellos eine der aufregendsten Stimmen der aktuellen Popwelt. Gemäss eigenen Aussagen soll  „High As Hope“  weniger „Florenc-y“  sein als gewohnt.

Aber das hatten wir doch schon mal? Genau und dann war „How Big How Blue How Beautiful“  theatralisch und opulent as ever.  Doch siehe da, diesmal hält die Engländerin Wort: Älter, weiser, abstinent. Die neue Scheibe verkörpert in gewissem Sinne die Ruhe nach dem Sturm.

Sie ist bekannt für grosse, theatralische, bisweilen aufgeblasene und überbordende Songs, die sich im weitesten Sinne irgendwo zwischen Folk, Rock, Pop und Soul tummeln. Songs, die Florence Welch und ihre Mitmusiker in ändernder Besetzung zu Headlinern der grössten Festivals machten.

„High As Hope“ ist ungewohnt. Verhältnismässig zurückhaltend, fast schon introvertiert und insgesamt sehr persönlich.

Die 32-jährigen Londonerin blickt  in bittersüssen Tönen auf Ihre Vergangenheit zurück, die nicht nur durch Erfolge, Alkohol und Drogen geprägt ist. So hadert sie im Song „Grace“ damit, eine schlechte Schwester gewesen zu sein.

„At seventeen I started to starve myself“ eröffnet sie uns in “Hunger”, dessen fast schon fröhlicher Groove so gar nicht zur Thematisierung ihrer Essstörung passen will – und gerade deshalb zu einem hoffnungsvollen Highlight des Albums geworden ist. Diese sind dünner gesät als auch schon, aber es gibt sie. Etwa das majestätische „100 years“ oder das zunächst extrem reduzierte, sich dann langsam in die Höhe schraubende „The End Of Love“. Gerade letzteres zeigt Welch’s grösste Stärke: ihre enorme Stimme die ohne Bombastbrimborium erst richtig Gänsehaut zu verursachen mag.

Insgesamt ist „High As Hope“ ein mutiges Album, da Florence Welch erstmals überhaupt ihr Inneres auf konkrete Weise nach aussen kehrt.  Gleichzeitig wirkt es musikalisch seltsam inhomogen und eher wie eine Ansammlung von Songs, aus der man sich als Hörer*In mal den einen und dann wieder den anderen herauspicken möchte, denn wie ein Album mit einem Spannungsbogen. Zugegeben: das ist Jammern auf hohem Niveau.

7/10

LIVE: 4.3.19 Hallenstadion Zürich

Kaspar Hunziker