Mit Bad Witch schliesst NiN Mastermind Trent Reznor eine 2016 begonnene Trilogie ab und beweist, dass er nach wie vor einer der wichtigsten Charaktere der Rockmusik ist.

Nach den zwei EPs „Not The Actual Events“ und „Add Violence“ nennt er das nun  vorliegende dritte Album „Bad Witch“ ein ebensolches, obwohl es nur marginal länger als seine beiden Kumpel ist. Schlüssige Begründung: EPs fallen bei Spotify und Konsorten unter Singles und gehen deswegen verloren. Haben wir das geklärt. Was ist denn nun aber drin? Nine Inch Nails kategorisieren zu wollen, ist ein sinnloses Unterfangen.

Industrial mit Ambient- und Metalanleihen traf es am Ende doch immer irgendwie, aber auch nur weil weit genug gegriffen. Die ersten beiden Songs wirken im NiN Kanon nicht so aussergewöhnlich, man kann aber in „Ahead Of Ourselves“ interessante Anleihen an Killing Joke und QOTSA raushören. Oder rein, würde Trent vielleicht sagen. Wichtiger und auffälliger sind aber Reznors vergangene Ausflüge in die Filmmusik, welche je länger je mehr in sein eigentliches NiN Werk zurückfallen. Sie zeigen sich besonders in „I’m Not From This World“ und „Over and Out“: Klangbasteleien, Repetition und langgezogene Aufbauten von Meisterhand, die Aufmerksamkeit erwarten und belohnen.

Industrial oder Metal ist hier gar nicht mehr zu hören, denn merke: Genie geht immer vorwärts. Die Drum’n’Bass unter- und Jazzgebläse überlegten „Play the Goddamned Part“ und „God Break Down the Door“ hätten locker auf „Blackstar“ gepasst, die letzte Platte von David Bowie. Als langjährige Freunde hatten sie sich seit den 90ern gegenseitig inspiriert. Besonders in zweistimmigen Gesangspassagen mit bowiesken Harmonien wie in „Over And Out“ deucht es einen, dass der Geist des alten Freundes den Raum erleuchtet. „Bad Witch“ ist mit seinen 30 Minuten kurz, aber intensiv, vielseitig und faszinierend.

Jazzambientustrial mit ’ner satten 10/10

LIVE: 9.07.18 Montreux Jazz Festival

Marc Flury