Das einstige Wunderkind des Indiefolk ist erwachsen geworden. Neun Jahre nach The People’s Key hat Conor Oberst seine alten Mitstreiter und zwei illustre Gastmusiker um sich versammelt. Herausgekommen ist ein opulentes, vielschichtiges und fokussiertes Werk, dem die irrwitzigen Ideen früherer Alben freilich etwas abgehen. Erwachsen eben. Und viele alte Fans, die mit Bright Eyes gross geworden sind, dürften genau deshalb ihre helle Freude an dem Album haben.

Von Omaha, Nebraska aus ging Anfang der Nullerjahre ein kleines Erdbeben um die Indiewelt. Schuld daran waren Bright Eyes und das in deren Umfeld angesiedelte Saddle Creek Label. Auch wenn es um Saddle Creek längst ruhiger geworden ist, beweist das Label bis heute eine gute Spürnase für grossartige Kapellen.

Auch Conor Oberst und seine Jungs hatten Ihre heydays in den Nullerjahren. Höhepunkt bilden für viele die 2005 zeitgleich veröffentlichten I’m Wide Awake, it’s Morning und Digital Ash in a Digital Urn. Genug der Historie jetzt. Down in the Weeds, Where the World Once Was beginnt wie fast alle Bright Eyes Alben. Mit einem wirren Opener, der mit einem Ragtime-Piano in irgendeiner schummrigen Bar endet. Das folgende Dance and Sing ist etwas vom besten, was  die Band seit langem abgeliefert hat. Eine wuchtige, pure Bright Eyes Nummer. Manchmal bleibt nur Tanzen und Singen um weiterzumachen, um gegen die vor die Hunde gehende Welt und einen irren Präsidenten anzutreten.

Ein Song der, zack, mitten rein geht. Zumindest bei allen, die ein Herz haben. Älterwerden, Scheidung, Tod, Politik. Das sind die zentralen Themen des Albums. Wenig verwunderlich, Conor Oberst verlor vor einigen Jahren seinen Bruder – The Cowboy Drinks Himself To Dead, Fresh Out Of Rehab singt Oberst in Mariana Trench. Der Meister machte eine Scheidung durch und scheint auch von einer Vierzigerkrise nicht verschont zu bleiben. Life’s a solitary song, No one to clap or sing along, It sounds so sweet and then it’s gone, So suddenly heisst es im nach einem Chilbikarusell benannten Tilt-A-Whirl. Ja, das Leben ist bisweilen hart. Aber Alben wie dieses machen es leichter. Zumal, wenn man nicht mehr wirklich damit gerechnet hat, dass einer einstigen Lieblingsband nochmals ein derart grosser Wurf gelingt.

Ach ja, die Gastmusiker: Chilischote Flea am Tieftöner und John Theodore von den Queens Of The Stone Age hinter den Trommeln. Auch das eher überraschend.

9/10

Kaspar Hunziker