Fertig mit Feinstaub-Folk! Goldfrapp entfernen sich auf «Silver Eye» wieder von der Ambient-Elektronik. Die neue Platte setzt auf kraftvolle Stampfer und goldene Ruhephasen. Ein Monument-Moment der Pop-Musik.
Gegensätze ziehen sich an: Da wäre auf der einen Seite die feine, zerbrechliche Stimme Alison Goldfrapps. Und auf der anderen die turmartigen Elektronik-Grooves ihres Soundmagiers Will Gregory. Nach dem wunderschönen Folk-Vorgänger «Tales of Us» vermehrten Goldfrapp den Drive vom Stück «Thea» und versahen die Abkömmlinge des mystischen Pumpsongs mit einer Reihe Reisszähnen.
Entstanden sind Songs wie «Anymore» oder «Systemagic», die man in Dauerschleife hören könnte. Aber nein, da folgen noch acht weitere Lieder, und die sind nicht minder spannend. Rund ein Drittel der Song thematisiert den Mond als tragendes Element. Überhaupt fühlen sich Goldfrapp von Feldern wie der Elementenlehre oder Mystik angezogen, wie sie selbst in Interviews angeben.
Diese Klangästhetik erinnert an Werke von Kate Bush, vermischt mit Clubattitüde. Alison Goldfrapp lässt sich aber auch von anderen Themen inspirieren: «Become the One» wiederspiegelt ihre Gefühle für die Hauptdarsteller_in der Dokumentation «My Transgender Summer Camp»: «I’m not changing who I am, I am becoming who I am». Doch die Lyrics sind eher Skizzen denn Schwerpunkte. Letztere liegen nämlich einmal mehr in den eingangs angesprochenen Kontrasten, in diesen unglaublich tiefsinnigen, kraftvollen Synthesizer-Sphären. Mit «Silver Eye» schafft es das Duo denn auch, einen weiteren Karriereglanzpunkt zu schaffen. So fein wie fatal, so sanft wie stark, so wütend wie wunderschön.
10/10
Stoph Ruckli