Vom Küchenchef zum «Screaming Eagle of Soul»: Die Karriere von Charles Bradley ist die modern-modifizierte Musikgeschichte vom Tellerwäscher. Doch wie schlägt sich dieser nach fünf Jahren amerikanischer Traum auf dem dritten Album «Changes»?

2011 hiess es «Why is it so hard to make it in America», fünf Jahre später ist Charles Bradley bei «God bless America» angekommen. So eröffnet er seine neue Platte «Changes», mit reichlich Gospel und Kitsch. Musikalisch ist das solide Soul-Kost. Besonders heiss die Band, primär bestehend aus Mitgliedern der Budo Band, der Menahan Street Band und den Dap Kings.

Wer auf moderne Soul- und Funkgrooves steht, der sollte diese Gruppen unbedingt auschecken. Das ist in gewissen Momenten so cool, man wünscht sich eine Instrumentalversion des Albums.

Bradley hingegen entspricht dieser Coolness weniger stark (aber das darf ein 67-jähriger Gentleman gelegentlich mal tun). Auch auf der dritten Platte schreit und schwitzt der Amerikaner, lässt sein einzigartiges Stimmorgan von Liebe, Liebe und nochmals Liebe erzählen. Stimmphrasierung oder Dynamik scheinen da grundsätzlich nicht so wichtig, was zuweilen anstrengend wirkt.

Der triefende Pathos grenzt zudem an Penetranz, zumal die patriotischen Aspekte (siehe Eingangszitat) nicht so recht zum Soul passen wollen, welcher schliesslich immer auch für die schwarze Protestbewegung miteinstand.

Ironischerweise verkommt gerade das Titelstück und Black Sabbath-Cover «Changes» zu einem Höhepunkt, der sowohl Bradleys Faveur gegenüber der Schreikunst als auch seine persönlichen Schmerz über den Tod seiner Mutter zentralisiert und dieses Fünkchen Echtheit enthält, das auf dem Album gelegentlich fehlt.

Da der Sänger aber zukünftig stärker auf den rohen Blues abzielen möchte, könnte die kommende Scheibe noch einen weiteren  Schritt nach vorne bedeuten – und das Musikmärchen fortführen.

7/10

Stoph Ruckli