Reponaut ist das Pseudonym des Zürcher Musikers Marc Flury, der auch Sendungsmacher von „School of Rock“ auf Piratenradio.ch ist. Nach langjährigem Wirken in der Schweizer Musikszene in so unterschiedlichen Bands wie Gletscher, Superterz oder Sophie Hunger entschloss er sich ein Soloprojekt zu starten. Das Album wurde kompromisslos selbst komponiert, eingespielt und produziert im eigenen Homestudio.

Warum keine Band? War es einfacher alles selber zu machen oder hast du noch nicht die richtigen Leute gefunden?

Diese Fragen haben sich mir so nicht gestellt. Anfang 2020 hatte ich viele Songideen und keine Band. Dafür aber die Tools, alles zuhause zu produzieren. Es alleine zu machen, war die Faszination daran. Ich sagte mir auch, dass ich erst wieder eine Band haben werde, wenn das Songmaterial steht. Der übliche Findungs- und Entwicklungsprozess einer Band würde so gleich übersprungen werden. Für dieses Album war die Arbeit so definitiv einfacher. Aber es ist kein Anti-Band Statement, sondern ein Konzept und eine von mir willentlich gestellte Herausforderung an mich.

Wie lange hat es gedauert bis das Album fertig war?

Zweieinhalb Jahre insgesamt, aber da war auch viel Leerzeit drin. Es gab einen ersten Schub zu Beginn und dann zwei weitere in den beiden folgenden Wintern.

Die Songs klingen sehr komplex. Nicht alle werden den Zugang finden. Ist dir das bewusst?

Ja klar. Aber Komplexität war keine Vorgabe. Wenn ich Lust hatte, da ein Mellotron reinzutun oder dort Streichersounds und die Songs in ihrer Art wachsen zu lassen, wie es sich richtig anfühlte, sah ich keinen Grund, mich zu zensieren. Es gibt eh noch viel verrücktere Musik da draussen! Insofern find ich’s nicht besonders komplex. Und fand ich einen Song gelungen, wollte ich den nächsten anders machen. Ob und wie die zusammenpassen, kümmert mich nicht. Keine Schablone.

Und ich kann ja nicht beurteilen, wie es auf Ersthörer/innen wirkt. Das hängt von deren individuellen Hörgewohnheiten ab. Man kann aber sicher sagen, dass mehrmaliges Hören keine schlechte Idee ist. Musik sollte nicht zwingend sofort verstanden werden. Ich hör selber viel lieber Musik, die sich mir nicht sofort erschliesst und in der ich beim wiederholten Hören immer mehr Details und Schichten entdecke. Da ich mit Alben als Gesamtwerke mit gegebener Songreihenfolge aufgewachsen bin, die ich mir für teuer Geld gekauft hatte, musste ich die  natürlich mit tausendmaligem Anhören amortisieren. Mit usergesteuerten und immer überall verfügbaren Playlists geht das halt verloren.

Das Artwork sieht wie ein echtes Bild aus und nicht auf dem Computer erstellt. Wer war am Werk?

Meine Mutter! Sie ist Malerin und hat mir verschiedene Werke zur Verfügung gestellt. Die hab ich dann den einzelnen Songs verpasst. Erst intuitiv aber mit ein bisschen Interpretation passt jedes gewählte Bild zum jeweiligen Songtext.

Wo möchtest du mit deinem Album hin bzw. was erhoffst du dir dabei?

Die originale Motivation war, es überhaupt zu machen. Während der kreativen Phase habe ich mich nie um Resonanz gekümmert und welche Zielgruppe ich wie am besten ansprechen könnte. Klar gibt es Kanäle und Promotools, wo man noch was steuern kann, aber es ist auch ein Papierschiffchen, welches man in den Fluss setzt. Und dann gehst zurück und bastelst das nächste Schiffchen.  Da kommt noch ein zweites, drittes, zehntes Album und ich hab noch keine Ahnung, wie die klingen werden. Zumindest für meine Ambientdröhngeschichten habe ich eh mein alter ego „Ysenschmid“. Ich bin Fan von allen möglichen Bands und Stilen. Classic Rock, Progrock, Postpunk, Psychedelia, New Wave, Elektro… Mir gehts in erster Linie darum, breit zu erschaffen, nach Lust und Laune kreativ zu sein. Dem Erfolg jage ich nicht nach, zumindest nicht, indem ich mich in ein verkaufsförderndes Korsett drängen würde. Die Songs sollen sprechen, nicht mein Instagram Konto.

Wenn Du Dir Deine Band mit bekannten Musiker/innen zusammenstellen könntest, wer wäre dabei?

Da sind leider schon einige tot davon. Jimi Hendrix, Keith Moon, David Bowie und John Entwistle zum Beispiel. Dann John Paul Jones, Hans Magnus Ryan, Adrian Belew, Hedwig Mollestad, Simon Gallup, Kate Bush, Geordie Walker, John Lydon, Buzz Osbourne, Alain Johannes… Leute, die einen unverkennbaren Charakter haben. Da würde dieses Album zwar total anders klingen, aber hey, es wäre faszinierend, es dann so zu hören.

Du bist Macher unserer Sendung „School of Rock“ und erkennst sofort, ob ein Song oder eine Band musikalisch standhält. Welche Schweizer Bands haben in Deinen Augen mehr Aufmerksamkeit verdient?

Das hast Du gesagt, haha! Und ich krieg ja auch nicht alles zu Hören was da so rumlärmt. Was in der Schweizer Musikszene Spannendes passiert, wird von grösseren Medien und Labels tatsächlich kaum wahrgenommen. Die international renommierten Young Gods kriegten hierzulande nie die verdiente Aufmerksamkeit. Dann Superterz, Bubka und Steamboat im Avantgarde Bereich, toller Rock’n’Roll von Motorizer, No Mute und den Ping Machines, Dwarfish sind grossartig und lassen sich kaum einordnen. Evelinn Trouble, Zayk, Lord Kesseli und Fai Baba mag ich sehr. In der Romandie gibt es grossartige Rockbands wie Dirty Sound Magnet, Tuco und Ventura.

Shiva Arbabi