Half Moon Run wurden seit ihrem famosen Debüt «Dark Eyes» gerne in den Indiefolk-Topf geworfen. Dabei war dieses Gefäss für die kanadischen Multi-Instrumentalisten eigentlich immer schon zu klein: stets überraschten sie durch ihre Komplexität und Vielfalt. Diese beweisen sie auch auf Ihrem vierten Studioalbum, welches auch durch die Art seiner Entstehung zu einem besonderen geworden ist.

«Salt» besteht zu einem grossen Teil aus älteren Songideen, die noch aus den Anfangszeiten des damaligen Quartetts stammen (Isaac Symonds stieg während der Pandemie aus). Einst verworfene Ideen wurden hervorgekramt, optimiert und neu aufgenommen bis sie schliesslich nach über zehn Jahren das Gerüst des neuen Albums bilden. Es zeigt eine Band mit Händchen für ausgereiftes Songwriting und feine Harmonien.

So unterschiedlich der hymnenartigen Powerpop im Opener «Youcanletgo», das von einer Ukulele getragene «Alco» oder die beinahe cineastischen Streicher des grossartigen «Gigafire» auch sein mögen, so scheinbar mühelos und logisch fügt sich das alles zu einem organischen Ganzen zusammen. Fast Food für die Ohren ist das zugegebenermassen nicht, aber wer «Salt» die notwendige Zeit gibt, wird mit einem grossartigen Elfgänger belohnt.

Das Ganze gibt es nicht nur ab Konserve, sondern auch live im Zürcher Kaufleuten serviert. Erscheint zahlreich.

LIVE: 26.09.2023 Kaufleuten Zürich

Kaspar Hunziker