ZUM GEDENKEN AN MARTIN STRICKER

Es traf alle wie ein Schlag. Am 21. Oktober verloren wir Martin Eric Ain. Seit den 1980er Jahren setzte er mit seiner Band Celtic Frost die Schweiz auf die musikalische Weltkarte. Sie genoss höchsten Respekt unter Fans wie Musikern dank ihrem Mut zu Innovation, ihrer Radikalität, ihren durch-gedachten Konzepten, wie es als Gesamtkunstwerk so bis dato ungehört war.

Sie sahen sich weniger als Musiker, denn als Künstler. Handwerkliches Schaulaufen, wie im Metal üblich, war nicht ihr Ding. Martin Eric Ain trug durch Intellekt, Intelligenz und kulturellem Background dazu bei, seine Band weit über das genretypische Gebölze um aufgesetztes Satanbeschwören zu erheben.

Ja, Celtic Frost war Metal, aber verschmelzte darin Goth, Postpunk, Literatur, Mystik und das Gefühl der Unzugehörigkeit. Ihre Kapazität zu Innovation fiel ihnen demzufolge nicht einfach in den Schoss, sondern war die unvermeidliche Konsequenz der Interessen. International immens erfolgreichere Bands beriefen sich auf sie und sind nun sehr getroffen, wie die Trauerbekundungen rund um die Welt bezeugen.

Celtic Frost war ein Monolith, an dem sich jede krasse Metalband erst mal zu messen hat. Denn auch die Reunion von 2006 bis 2008 erfreute sich enormer Aufmerksamkeit und galt zurecht als kreative Meisterleistung. Seine Freunde wiederum kannten ihn als Martin Stricker: ein getriebener, unternehmungsfreudiger Mensch und verdammt lieber Kerl.

Jenseits der eigenen Musik drückte er seinen persönlichen Stempel auf Zürich. Unzählige Klubs und Shops und Bars entstanden dank seiner Vision und schier unerschöpflicher Energie. Dies ermöglichte lokalen oder als Geheimtipp gehandelten Bands, sich einem wohlwollenden Publikum zu zeigen. Vom Luv, dem Acapulco, dem Mascotte und der Alten Metzg, Martin hielt die Zürcher Untergrundkultur am Leben. Und niemandem, der ihn traf, begegnete er als kultig verehrter Rockstar.

Er zeigte uns Martin Stricker und wir lernten einen bodenständigen, herzlichen Menschen kennen. Und jetzt, mit 50 Jahren, war er immer noch voller Tatendrang. Er hatte eine neue Band am Start und stand mit ihr kurz vor der Veröffentlichung ihres Debutalbums. Fans und Freunde werden ihn als grosse Persönlichkeit vermissen.

Marc Flury