Tocotronic beweisen mit Golden Years, dass sie auch nach 30 Jahren Bandgeschichte nichts von ihrer Relevanz eingebüsst haben. Die Zeiten sind alles andere als golden, doch die Hamburger ermuntern uns mit sanftem Trotz und der richtigen Portion Heiterkeit, nicht daran zu verzweifeln.

Interpretationsspielraum gab es bei Tocotronic schon immer zur Genüge. Beim mittlerweile 14. Album beginnt das schon im Titel: Hoffnung auf die Zukunft? Sarkastischer Kommentar auf die Gegenwart? Verweis auf die Anfangsjahre der Band, als man auf dem Label L’age d’or erschien? Man nehme, was einem behagt – passen tut das irgendwie alles. Die zwölf Songs handeln vom Reisen und Ankommen, von Leben, Tod und Auferstehung. Sie sind oft tröstlich, manchmal verstörend, manchmal ermahnend. Letzteres jedoch ohne Zeigefinger, sondern mit Humor.

Etwa wenn Dirk von Lowtzow in Denn sie wissen, was sie tun gegen die beunruhigenden Strömungen dieser Welt ansingt:

„Darum muss man sie bekämpfen, denn es werden immer mehr /
Darum muss man sie bekämpfen, denn sie werden zahlreicher /
Darum muss man sie bekämpfen, aber niemals mit Gewalt /
Wenn wir sie auf die Münder küssen, machen wir sie schneller kalt.“

Schöne Vorstellung irgendwie.

Musikalisch gehört Golden Years zu den diverseren Tocotronic-Alben: Da wird der fluffige Folk des Titeltracks von ungestümem Rock abgelöst (Ein Rockstar stirbt zum zweiten Mal), und kurz darauf wähnt man sich bei Niedrig plötzlich in einem Italo-Western – inklusive Maultrommel. Gab es von den Hamburgern so noch nie und ist ganz prima. Bald auch live im Zürcher X-TRA.

LIVE: 28.03.25 X-TRA Zürich

Kaspar Hunziker