Hegen wir nicht alle den diffusen Verdacht, dass Postkarten fake news sind?  The Konincks zeigen uns ihr Luzern von dessen dreckigen Seite und überraschen auf ihrem neuen Mini Album mit zerfleddertem Blues, Storytelling, Retrocharme, Zeitgeist und Haudraufgerocke.

Das Dilemma des Reviewschreibers: Musik nach brav eingehaltenen Genreregeln ermüdet ihn. Bands aber, die sich einen Deut um ebendiese scheren, lassen ihn hilflos nach trefflichen Vokabeln ringen im Versuch, sich nicht selbst in Worthülsen zu verheddern. Das vorliegende neue Album der The Konincks kommt ihm da glücklicherweise entgegen, weil es durch seinen Charakter überzeugt. Der Kern hier ist zwar Blues, bekanntlich ein Stil formal eher auf der traditionellen Seite. Doch gefällt sich die Band nicht darin, den genreverliebt rauf und runter zu nudeln. Sie nutzt ihn als Startrampe. Spielfreude, Coolness und meisterlich arrangierte Songs und gewählte Sounds machen klar:

The Konincks wissen mittlerweile, was sie tun.

Wo ihr älteres Material noch recht generisch und zu vorsichtig daher kam, wirkt „Daytime-Nighttime“ nun zugleich abgeklärt und lustvoll, als sei es das zigste Album einer gereiften Band. Die Band hat offenbar ihre Hausaufgaben gemacht. Ihr Rock’n’Roll riecht jetzt nicht mehr nach Joiz TV, sondern nach Stooges, Lou Reed und Glam und Blut und Schweiss und orientiert sich an der Weisheit – um jetzt doch noch eine Worthülse zu bemühen – „it’s the player, not the song“. Sie sind auf dem Weg, sich zu den Schweizer Künstler/innen vom Schlage Fai Baba, Dirty Sound Magnet oder Evelinn Trouble zu gesellen, die sich weder in angestrengter Innovation noch unmutigem Abspulen von zielgruppenorientierten Klischees verlieren, sondern Eigenart und Selbstbewusstsein allem voran stellen.

Indierumpelrock 8/10

Marc Flury