2006 beseufzt die Musikwelt die endgültige Schliessung der New Yorker Punkwiege CBGB’s und wundert sich über das zweite Album von The Killers. Zwei Jahre zuvor fügte sich deren Debüt «Hot Fuss» nahtlos in das Revival jener «Skinny Jeans & Chelsea Boots»-Rockbands ein, deren Musik die Mädchen zum Tanzen brachte. Ein Rückblick auf einen Klassiker.

Mitgröhl-Hymnen wie «Somebody Told Me» und «Mr. Brightside» etablierten sich in der Indie Disco zwischen den Songs von Franz Ferdinand, Maxïmo Park oder den Kaiser Chiefs. Mit ihrem Erfolg bewiesen die amerikanischen Killers auch, dass die new wave of New Wave Rock längst kein Brits only Ding war – gemeinsam mit Acts wie den Yeah Yeah Yeahs, The Bravery oder VHS or Beta.

Und eigentlich war die Party noch immer im Gang, als sich The Killers dazu entschlossen, ihrem Sound eine dicke Spritze Americana einzuflössen. Plötzlich waren die Vorbilder nicht mehr XTC, New Order und The Clash sondern Bruce Springsteen, Tom Petty und Bob Seger. Heartland Rock, ausgerechnet aus der Glitzerstadt Las Vegas, wo niemand jemals schläft – ganz besonders nicht der Typ, der das «All the shrimp you can eat»-Buffet auffüllen muss.

Natürlich waren da noch immer Restspuren von Synthies und Discokugel. Doch insbesondere ganz viel davon, wofür man The Killers in den kommenden Jahren lieben oder verspotten würde. Ungenierter Pomp und Pathos und Songtexte, deren Allegorien manchmal etwas gar schief in der Landschaft stehen.

«Sam’s Town», benannt nach einem der unglamouröseren Hotelcasinos der Killers’schen Heimat, wurde zwiespältig empfangen.

Der Rolling Stone zerriss das Album hämisch in der Luft. Gleichzeitig wählte seine Leserschaft 2009 das Werk zum «most underrated album of the decade». Mit dem vorsichtshalber angefügten «one of the» kann man sich diesem Urteil nur anschliessen.

Aus dem etwas halbherzig aufgesetzten Konzeptformat des Albums bersten grossartige und zeitlose Songs wie «When You Were Young», «For Reasons Unknown», «Uncle Johnny» und «Read My Mind» – eine Hit-Dichte, welche auch dem viel gelobten Vorgänger abging und die nachfolgenden Werke nicht mehr erreichen würden.

Ebenso setzten The Killers mit der Brucespringsteefizierung von «Sam’s Town» auf den richtigen Mustang. Kollegen wie Kings of Leon taten es ihnen gleich. Zeitgenössische Kritikerlieblinge wie The War on Drugs oder Strand of Oaks brausen heute musikalisch ähnliche Pfade ab. The Killers (und Frontmann Brandon Flowers mit seinen Solo-Projekten) verfuhren sich dagegen auf folgenden Alben öfters an einen überkitschten Ort namens Coldplayville, was die Geister, die sich einst an «Sam’s Town» schieden noch weiter auseinandertrieb.

Wie die Reise weitergeht, wird hoffentlich schon bald zu hören sein. In einem Interview mit dem DIY Magazin kündigte Drummer Ronnie Vannucci Jr. an, dass die Band aktuell mit den Aufnahmen ihres fünften Studioalbums beschäftigt ist. Es wird hoffentlich klingen wie damals, when they were young.

Michael Rechsteiner