Nach Brockenhaus und Tannenzweigen riechen die älteren Songs der Kanadier Timbre Timbre. Davon entfernen sie sich auf ihrer aktuellen Platte meilenweit – bis über den Atlantik. Irgendwo ins Niemandsland der Pariser Peripherie.

Ein Herrschaftshaus nahe der Seine wie aus den feuchten Träumen von Sofia Coppola. Mitten in einem verwilderten Garten: In der zum Studio umfunktionierten Jugendstil-Villa La Frette. Dort gab sich schon Nick Cave der düsteren Romantik hin, bevor Timber-Timbre dort vergangenen Winter ihr sechstes Album auf Tonträger bannten.

Den Sound von „Sincerely, Future Pollution“ prägt, was die Waldschrate im Keller antrafen: Ein ganzes Bollwerk an Vintage-Synthies, bei deren Anblick Jean-Michel Jarre vor Freude einen doppelten Salto schlagen würde. Sie geben den neun Tracks einen elektronischen, manchmal spooky und zeitweise sogar funky Touch. Was jedoch nach dem Softporno-Blues des Vorgängers „Hot Dreams“ etwas überrascht.

Als Konstante bleibt die Schwermut in Kirks Stimme. Die warm und langsam wie geschmolzene Bitterschokolade über die sperrigen Arrangements fliesst. Und vom kollektiven gesellschaftliche Unbehagen berichtet, von weltpolitischer Instabilität und menschlichem Selbstzweifel.

Dabei ist genug Raum für Interpretation, die Lyrics bleiben frei von platten Parolen. Dass ausserdem ein Stutz pro Ticket der aktuellen Tour an ein Hilfswerk für indigene Frauen geht, ist das Maximum an Stellungnahme, das sich Timber Timbre erlauben.

Marco Rüegg

LIVE: 2.10., Plaza Zürich