Blur, die pausbäckigen Darlings des Britpop hatten die Nase voll von ebendiesem Image. Mit „13“ brachen sie 1999 auf zu neuen Ufern und es war ein verrücktes, krachiges, trippiges Album. Und darum ihr bestes.

Nur herrschte im Studio nicht gerade Einigkeit darüber, welches Ufer denn nun anzusteuern sei. Damon Albarns Experimentierlust und Graham Coxons Punkattitüde klatschten heftig  aufeinander. Mit dem Produzenten William Orbit, bis dato in der elektronischen Musik zuhause, fand sich glücklicherweise ein dritter Gegensatz, der keinem Alphatierchen ausnahmslos Recht gab. Dazu ’nen Haufen Schnaps und Drogen und Liebeskummer und fertig war eines der herausragendsten Alben der 1990er.

Schon die erste Single „Tender“ verwirrte das Rave Publikum mit flehendem Gospel, doch war damit noch lange nicht fertig: Sumpfdrecksboogie in „Bugman“, Krautiger Spacerock in „Caramel“ und „Battle“, Anticorporatepunk in „B.L.U.R.E.M.I.“ mit Donald Duck als Gastsänger, Stonerprog in „Trimm Trabb“, Indiepop mit „Coffee and TV“ und purer Saukrach in „Swamp Song“.

Nicht nur sprengten Blur hier jegliches Prinzip musikalischer Kohärenz eines Albums. Diese Guerillataktik zieht sich auch beinahe durch jeden Song. Kaum sind Riffs und Melodie etabliert, brechen die meisten Songs durch und drehen sich um sieben Wendungen zu überraschenden Finale. Eine Handvoll Songs kriegen gar eine Art Wurmfortsatz. Die CD war noch das Wahlmedium in den 90ern und diese kleine Codas nach paar Sekunden Stille erhielten ganz gewitzt keine Indexe. Brav unskippend am Stück Durchhören wurde erwartet und belohnt.

Blur waren so nebenbei auch eine grossartige Liveband. Diese überschwenglich überladenden Songs von „13“ schmissen sie mit einer so frechen wie lockeren Souveränität hin, was dieses Fernsehkonzert beweist.

Gospel, Psychoprog &  Rock’n’Roll: 10/10

Marc Flury