Wer hätte gedacht, dass Pulp nach 24 Jahren nochmal ein Album raushauen? MORE ist nicht einfach nur ein nostalgischer Britpop-Throwback, es ist eine tiefmelancholische Tour de Force durch alle Phasen dieser absolut einzigartigen Band.
Pulp war nie glatt. Nie cool auf Bestellung. Immer schräg immer scharf immer eine Spur zu klug fürs Massenpublikum. Jarvis sang über das peinliche erste Mal, über Sozialdramen im Club, über Sex der nach Einsamkeit schmeckt. Dabei klang das nie jammernd. Sondern glänzend in all seiner Tristesse. Diese Mischung aus Dreck, Ironie und Glamour ist auch auf MORE wieder da.
Warum jetzt?
Im Sommer 2023 war Pulp wieder unterwegs. Die erste Tour seit über zehn Jahren. Und wer dachte, das sei nur ein Abschied mit Applaus, lag gründlich daneben. Schon während der Soundchecks schlich sich Neues ein. Hymn of the North wurde als Erstes gespielt, ein Song, der sich wie von selbst aufdrängte. Jarvis und seine Mitstreiter merkten schnell: Da ist mehr. Viel mehr.
Die Songs sind übrigens keine Neuschöpfung sondern zum Teil uralte Demos, die endlich ihr verdientes Rampenlicht kriegen. „Got To Have Love“? Stammt von 2001. „Grown Ups“? Liegt seit This Is Hardcore rum. Aber die Zeit war wohl einfach noch nicht reif. Jetzt ist sie’s. Jetzt passt alles.
Klingt, als hätte Pulp nie aufgehört. Als wären sie einfach kurz am Kiosk gewesen, um Zigaretten und Kaugummi zu holen. MORE ist warm, clever, traurig, sexy und durchzogen von dieser typischen Cocker-Coolness. Das Album ist ihrem langjährigen Bassisten Steve Mackey gewidmet, der 2023 gestorben ist. Er hat die Songs nicht mehr aufnehmen können, aber seine Energie ist überall spürbar. Das hier ist kein Traueralbum, sondern ein Beweis dafür, wie sehr er dazugehört. Auch im Fehlen.
Piratenfazit: 9/10
LIVE: 14.07.2025 Montreux Jazz Festival