Fünf Jahre hat Janelle Monáe gebraucht, um ihr drittes Album zu veröffentlichen. In dieser Zeit ist viel passiert. Sowohl im Leben der Amerikanerin als auch im gesellschaftlichen Rahmen. Wie rechnet sich das auf dem «Dirty Computer»?

Sängerin. Rapperin. Produzentin. Model. Schauspielerin. Janelle Monáe hat in den vergangenen Jahren so ziemlich alles erreicht, was sich ein nach Berühmtheit sehnender Mensch erhoffen würde. Und das mit Anfang 30. Im Anschluss an ein grandioses und ein gutes Album («The Arch Android» resp. «The Electric Lady») sowie sechs Grammy-Nominierungen kam die Filmkarriere ins Rollen.

Dazwischen engagierte sich Monáe immer stärker politisch. Engagements für die Black Community oder die Queer-Szene kamen hinzu und schliesslich die Frage: Steht hinter diesen Themen immer noch die Kunstfigur Cindi Mayweather, die Monáe als alter Ego nutzte, jene Androidin, aus deren Perspektive sie stets sprach? Nein.

Auf «Dirty Computer» singt, rappt und spricht Janelle Monáe – behauptet sie zumindest. Die Platte unterteilt sich grob gesehen in drei Bereiche: Abrechnung, Abfeiern und Reklamation. So dient das Werk als Hommage an Frauen und das Spektrum sexueller Identitäten:

«Pynk» steht stellvertretend dafür: Zusammen mit der Musikerin Grimes zelebriert Monáe die Kraft der weiblichen Sexualität.

Ein wilder Mix aus Synth Pop, Funk, Trap – stellvertretend für einen Sound, der sich auch abseits dieses Songs von RnB über Gospel bis Rock zieht.

Trotzdem steht da ein grosses Fragezeichen über dem ganzen «Dirty Computer». «Computer», das mag zutreffen: Monáe berechnet auf dieser Platte alles ganz genau, kein Ton zu viel, keiner zu wenig.

Die Amerikanerin scheint perfekt wie jener Android, der sie eigentlich nicht mehr sein wollte. Denn genau der «Dirty»-Faktor fehlt. Natürlich, die politischen oder feministischen Zitate schliessen auf ein gewisses Reibungspotenzial mit den Mächtigen, eine Positionierung.

Doch kommt das alles sehr glatt daher. Für jeden potenziellen Musikfan hat’s etwas dabei, musikalische Oberflächen von Prince, Erykah Badu, Kendrick Lamar, dazu prominente (aber mehrheitlich aussagelose) Features mit Pharrell Williams, Zoë Kravitz oder Brian Wilson. Plus amerikanischer Chartsshit en masse.

Wie viel Janelle Monáe steckt da effektiv drin? Wie nahe ist die Musikerin überhaupt bei ihrem Publikum? Darauf gibt diese perfekt berechnete Platte keine Antwort. Denn sie wirkt so unecht wie alles, was Computer fabrizieren.

Wo bleibt die innovative Wucht eines «The Arch Android», eine Musikerin, die auf Night-Talk-Tischen tanzt und sich dabei den Schweiss aus dem Körper pumpt? Dann lieber zurück zu den rohen Originalen, von denen sich die Künstlerin einst inspirieren liess.

8/10

Stoph Ruckli

Website der Künstlerin