Jack White will es wissen: «Fear Of The Dawn» ist das erste von zwei für dieses Jahr angekündigte Longplayer. Wer eine Abkehr von wirren Spinnereien erwartet irrt: Das Album entpuppt sich als wilder, exzentrischer Ritt zwischen Bluesrock und Garage. Kann man sich anhören, muss man aber nicht.

Genie und Wahnsinn liegen bei Jack White nicht nur nahe beisammen, sondern sind je länger je öfter nicht mehr auseinanderzuhalten. Spätestens mit seinem albernen «Boarding House Reach» von 2018 stiess er wohl so manche Fans vor den Kopf. Das dürfte White jedoch kaum kümmern, denn wenn es ihm an etwas nicht mangelt, dann an zu Arroganz grenzendem Selbstbewusstsein.

Also hinein ins Abenteuer: Der Opener «Taking Me Back» ist etwas vom Feineren, was uns der mittlerweile Blauhaarige in letzter Zeit aufgetischt hat. Ein grooviger Elektro-Garage-Rock-Kracher erster Güte, der von einer nicht minder mitreissenden Fuzzorgie abgelöst wird («Fear Of The Dawn»). Was sich Jack White jedoch beim Schreiben des anschliessenden, selten dämlichen «Hi-De-Ho» gedacht hat, weiss er möglichweise nicht mal mehr selbst so genau. Drogen können es nicht gewesen sein – der Mann gilt trotz zwischenzeitlich anders lautender Gerüchte als Verweigerer illegaler Substanzen.

Der Rest des Albums ist schnell zusammengefasst: eine wirre, zusammenhangslose Ansammlung von schrillem Geschredder, Samples und Overdubs über einem mal groovigen, mal rumpligen Schlagzeug. Als versöhnlicher Schlusspunkt sei das verhältnismässig entspannt dahinschlurfende «Shedding My Velvet» erwähnt. Etwas kann man Jack White jedenfalls nicht vorwerfen: anbiederndes Verhalten. Und das macht ihn dann ja auch wieder sympathisch. Irgendwie.

4/10

Kaspar Hunziker