Wie war das noch im Review zu seinem letzten Album „Free“? Iggy habe sich zur Ruhe gesetzt, lümmelt in der Hängematte und singt mit seinem Kakadu? Tja, doch nicht. Iggy Pop wirft wieder den Motor an.

Mit einem Staraufgebot an Mitmusikern macht er wieder Lärm. Die Kernband besteht aus Mike Watt (fIREHOSE, Stooges), Duff McKagan (Guns’n’Roses) und Chad Smith (Red Hot Chili Peppers. Dazu gebeten wurden weiter Gäste, wie der kürzlich verstorbene Taylor Hawkins, Dave Navarro, Chris Chaney & Eric Avery von Jane’s Addiction und Pearl Jam’s Stone Gossard. Ein Elitetreffen also mit dem ewigen Underdog Iggy Pop.

Wild geht’s los mit „Frenzy“, ein wirbelnder Punkrock Song in Stooges Manier. Gut möglich, dass Konzerte auch mit diesem Stück eröffnet werden. „I’m sick of this and this and that and my mind is on fire!“ brüllt es einem entgegen. Überraschenderweise wird aber in den nächsten zwei Stücken die Energie gleich runter gefahren. Diese hätten auch auf „Post Pop Depression“ gepasst. Iggy mag halt den gut gemachten Popsong.

„Modern Day Rip Off“ drückt dann wieder auf die Tube. Ab hier sind die Launen unvorhersehbar. Wüstes Gerumpel wechselt sich ab mit Zwischenstücken wie das Saloongeklimper „The News for Andy“ und das poetische „My Animus Interlude“ im Stile seines letzten (grandiosen!) Albums „Free“.

Trotzdem leuchtet „Every Loser“ grösstenteils im roten Bereich. Es fehlt vielleicht etwas Dreck, da wir hier gestandene hochprofessionelle Musiker hören, die zur Abwechslung ausserhalb ihrer angestammten Kapellen die Sau rauslassen wollen. Eine richtig dreckige Schweinerockband stünde einigen dieser Songs atmosphärisch wohl besser, andererseits lebt „Every Loser“ von einer souverän inszenierten Vielseitigkeit, die nicht jede Garagenband dermassen satt und trocken hinkriegt. Besonders gut zu hören ist das in „All the Way Down“, ein klassischer Punksong im klassischen Rockgewand und im fast cineastisch klingenden „Comments“. Dieser Song erinnert mit seiner Produktion von singenden Keyboards über gated Drums gar an „The Idiot“ von 1977.

„Every Loser“ ist ein gelungener stilistischer Mischmasch mit dem Punk im Herzen, in die Moderne getragen mit Witz und Rotz. Iggy’s Eklektizismus ist ja nichts Neues, man höre nur seine Podcasts auf BBC6. Der Mann ist ein wandelndes Musiklexikon.

Rockpunklärmpoesie 9/10

Marc Flury