Drums und Bass und Stimme. Manchmal reicht das. Royal Blood liefern so ausgestattet ein wüstes, knalliges und klanglich dichtes Album ab. Und es rockt, sprüht vor lustvollen Ideen und ohrwurmigen Hooks und ist eines der grossen Gitarrenalben dieses Sommers.
Moment!? Drums und Bass macht Gitarrenrock? Jawoll. Das Duo hat sein einzigartiges Rezept gefunden: Der Bass wird übernimmt die Rolle von Tief und Hoch zugleich. Fette Grundriffe auf Bass mit schneidend ausbrechenden Hooks auf Gitarre kreiert Mike Kerr mit nur zwei Händen und vier Saiten. Die Studiotechnik hilft natürlich freudig mit, doch diese Klangwände kriegt er auch live mühelos hin. Dazu beschäftigt ihn noch der Leadgesang. Allein deswegen heben wir schon den Hut. Doch wäre alles nur Gimmick, wenn die Musik zweitrangig als lustiges Vehikel fungieren tät‘. Tatsächlich ist die schlicht grossartig. „How Did We Get So Dark?“ ist zwar etwas kurz geraten, weil die zehn Songs halt auf den Punkt gekämmt sind. Dramatische Eskapaden und Spannungsbögen orchestriert vom Freiwilligenorchester Südostcumberland sind kaum auszumachen.
Das Konzept ist klar:
Dreckig, sexy, voller Charakter und eingängig hitverdächtig in dreieinhalb Minuten Häppchen. Abgesehen von der Instrumentierung wirkt das Ganze zwar nicht so furchtbar ungehört innovativ. Klanglich und melodisch fühlt es sich stellenweise an, als fingerten da Josh Homme und Jack White mit, aber egal: Die Songs sind Chef, die Energie ist umwerfend. Am Ende der Tage zählt doch nur das. Und ganz zum Ende trotzdem nochmal: Nur Schlagzeug und Bass! Und ein bisschen Piano. Faszinierend.
Gitarrenloser Schweineboogiegitarrenrock 9/10
LIVE: 03.011.2017 in der Halle 622 präsentiert von piratenradio.ch
Marc Flury