Sieben Jahre sind überstanden. In den Enddreissigern angekommen legt der von Fans und Feullieton geschätzte Songwriter neues Material nach. Ob die Kritik ähnlich jubelt wie damals bei „Hurra! Hurra! So nicht“? Wir zweifeln.

Ein Name wie der Baron aus einem Grimm-Märchen. Doch das Adelsprädikat von Gisbert zu Knyphausen täuscht, seine Songs riechen nach halbvollen Bierdosen, Spaghetti von gestern und den in ewigen Nächten durchgesessenen Sofas einer Studenten-WG. Der Liedermacher, der übrigens wirklich so heisst, ist kein Unbekannter: Wir hören hier das dritte Album des studierten Musiktherapeuten, das erste seit 2010. Er ist Gründer eines Labels, Veranstalter eines jährlichen Indie-Festivals auf dem Weingut seiner Eltern und steht er vor einer (teil-)ausverkauften Herbsttour.

Und das Album? Seine Protagonisten sind älter geworden. Aber nicht glücklicher, zwischen Ewigjung und Jungfamilien. Frei und allein, wie es in „Unter dem hellblauen Himmel“ heisst. Zwischenmenschlichkeit bleibt das Leitmotiv des Sängers, in allen möglichen oder eher unmöglichen Konstellationen.

Mit den Worten und Metaphern jonglieren, das hat der Wiesbadener drauf. Doch ein Quäntchen des postpubertären Feuers scheint verraucht, und die Tendenz zur Resignation nimmt dem Deutschfolk viel von seiner früheren Dringlichkeit. Zwei Nummern singt Knyphausen übrigens in Englisch. Mit einem derart starken Akzent, dass wir uns schwer zwischen Sympathie und Fremdschämen entscheiden können.

Herr-Lehmann-Pop: 5/10

Marco Rüegg